Aktuelles Steuerrecht – einfach erklärt. In unserem Blog teilen wir aktuelle Neuigkeiten und wichtige Entwicklungen aus der Rechtsprechung mit Ihnen. Ständig aktualisiertes Know-how ist die Basis für unsere Arbeit.

Gewinne aus Onlinepokerspielen können der Gewerbesteuer unterliegen

Gewinne aus Onlinepokerspielen können gewerbliche Einkünfte sein und nicht nur ein privates Vergnügen. In diesem Sinn hat der Bundesfinanzhof entschieden (Urt. v. 22.2.2023 – X R 8/21).

Der Kläger hatte 2007 mit dem Onlinepokerspiel „Texas Hold’em“ begonnen und nur kleine Gewinne erzielt. 2008 und 2009 erzielte er bereits einen Gewinn von rd. 83.000 €. Er spielte an bis zu vier Tischen gleichzeitig. Allein zwischen Juli und Oktober 2009 verbrachte er rd. 670 Stunden mit dem Spiel. In den Jahren 2010 bis 2013 spielte er unter 29 verschieden Nutzernamen, erhöhte seine Einsätze immer mehr und spielte rd. 785.000 Spiele (sog. Hände). Dabei erzielte er insgesamt Gewinne zwischen 445.000 € und 735.000 €.

In Übereinstimmung mit dem Finanzamt sieht der Bundesfinanzhof die Gewinne als gewerbesteuerliche Einkünfte an – und zwar bereits ab Juli 2009. Poker sei in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Dies gelte auch beim Online-Poker.

Die Richter betonen, dass nicht jeder Pokerspieler der Einkommensteuer unterliegt. Für Freizeit- und Hobbyspieler handle es sich weiterhin um eine private Tätigkeit ohne steuerliche Auswirkung. Im Streitfall werde jedoch der Rahmen eines privaten Hobbys überschritten. Es gehe dem Kläger nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse, sondern um die Erzielung von Einkünften. Er sei vergleichbar mit einem Gewerbetreibenden bzw. einem Berufsspieler. Ausschlaggebend für die einkommensteuerliche Beurteilung sei vor allem die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes und der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets.

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Finaler Betriebsstättenverlust aus dem Ausland nicht im Inland abziehbar

Das Thema „finaler Betriebsstättenverlust“ beschäftigt die Steuerpraxis und die Gerichte schon seit einigen Jahren. Im Kern geht es um die Frage, ob der Unternehmer seine Verluste, die er aus einer Betriebsstätte im Ausland endgültig („final“) erzielt hat, bei seiner deutschen Steuererklärung gewinnmindernd ansetzen darf.

Im Streitfall hatte eine deutsche GmbH in 2004 in Italien eine Niederlassung eröffnet. Bis einschließlich 2008 erwirtschaftete sie ausschließlich Verluste. Zum 31.12.2008 wurde die Niederlassung geschlossen. Nach italienischem Recht konnte die GmbH die Verluste in Italien nicht nutzen, da sie zu keinem Zeitpunkt Gewinne erzielt hatte (kein Verlustrücktrag oder -vortrag). In ihrer deutschen Körperschaftsteuererklärung 2008 setzte die GmbH den finalen Betriebsstättenverlust gewinnmindernd an. Das Finanzamt berücksichtigte den Verlust bei Festsetzung der Körperschaftsteuer jedoch nicht.

Nachdem die erste Instanz der GmbH noch Recht gegeben hatte, kassierte der Bundesfinanzhof das Urteil und wies die Klage ab. Er begründet dies mit der Freistellung von Gewinnen aus einer Betriebsstätte nach Art. 7 DBA-Italien. Nach dieser Regelung werden Gewinne aus einer Betriebsstätte dort besteuert, wo die Betriebsstätte liegt – hier also in Italien. Nach ständiger Rechtsprechung sind damit auch ausländische Verluste von der deutschen Steuer ausgenommen. Die Freistellung von der deutschen Steuer greift nach Ansicht der obersten Richter auch dann, wenn die Verluste endgültig sind und in Italien (mangels verrechenbarer Gewinne) nicht mehr geltend gemacht werden können.

Hinweis: Das Urteil bezieht sich ausdrücklich nur auf die Freistellungsmethode nach einem DBA. Bei der sog. Anrechnungsmethode greift das BFH-Urteil nicht. Hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob finale ausländische Betriebsstättenverluste in Deutschland geltend gemacht werden können.

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Rentenversicherungsbeiträge für Krankengeld nicht abziehbar

Beiträge zur Rentenversicherung können in der Regel als Sonderausgaben abgezogen werden. Das gilt aber nicht für die Pflichtbeiträge, die auf das Krankengeld entfallen. So hat das FG Köln vor Kurzem entschieden (Urt. v. 25.5.2023 – 11 K 1306/20).

Im Streitfall bezog Frau A neben ihrem Arbeitslohn auch Krankengeld. Vom Krankengeld wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten und abgeführt. Das Finanzamt behandelte das Krankengeld als steuerfrei, unterwarf es aber dem sog. Progressionsvorbehalt (einschließlich der Rentenversicherungsbeiträge). Dies führte zu einer Erhöhung der Einkommensteuer. Eine steuermindernde Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge unterblieb.

Frau A begehrte den Abzug der Rentenversicherungsbeiträge – entweder als Sonderausgaben oder hilfsweise im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Beides lehnt das Gericht ab. Ob Frau A gegen das Urteil Revision eingelegt hat, ist noch nicht bekannt.

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Keine Steuerermäßigung bei Hausnotrufsystem ohne Sofort-Hilfe

Für ein Hausnotrufsystem, das im Notfall nur den Kontakt zu einer 24 Stunden-Servicezentrale herstellt, kann keine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden (BFH-Urteil v. 15.2.2023 – VI R 7/21). Im Streitfall zahlte die 80-jährige Klägerin, die in ihrer eigenen Wohnung lebte, für ein solches Notrufsystem 288 € pro Jahr. Nicht gebucht hatte sie den Sofort-Helfer-Einsatz an ihrer Wohnadresse sowie die Pflege- und Grundversorgung. Die 288 € machte sie als außergewöhnliche Belastung geltend.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 35a Abs. 4 S. 1 EStG, so die Richter, sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Insoweit kommt es darauf an, wo die Leistung tatsächlich ausgeführt wird. Im Streitfall bestand die wesentliche Dienstleistung in der Bearbeitung eines eingehenden Notrufs. Sowie der Verständigung von Kontaktpersonen per Telefon in der Notrufzentrale – und damit außerhalb des Haushalts. Mangels Haushaltsbezugs scheide eine außergewöhnliche Belastung aus. Die Vorinstanz hatte die Steuerermäßigung noch gewährt.

Die Fallgestaltung, die die Richter hier entschieden, ist abzugrenzen von einem Notrufsystem in einer Seniorenresidenz. Wenn der Notruf über einen sog. Piepser unmittelbar an die Pflegekraft erfolgt, die dann anschließend die erforderliche Soforthilfe übernimmt, können die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden.

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Keine ermäßigte Besteuerung von Corona-Hilfen

Im Streitfall hatte der Kläger Soforthilfe, Überbrückungshilfe I und die sog. November-/Dezemberhilfe erhalten. Das Finanzamt unterwarf die Corona-Hilfen der tariflichen Einkommensteuer, während der Kläger eine ermäßigte Besteuerung als außerordentliche Einkünfte erklärt hatte. Er hatte sich darauf berufen, dass er mit Zahlung der Corona-Hilfen im Streitjahr 2020 einen höheren Gewinn erzielt habe als bei normalem Verlauf der Dinge.

Das Finanzgericht Münster (Urt. v. 26.4.2023 – 13 K 425/22 E) gibt dem Finanzamt Recht und lehnt eine ermäßigte Besteuerung ab. Die Tatsache, dass der Kläger durch die Corona-Hilfen letztlich im Jahr 2020 einen höheren Gewinn erzielt hatte als bei normalem Ablauf der Dinge, hält es für unerheblich. Soweit sich der Kläger mit seiner Argumentation auf die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bezieht, nach der eine Vergleichsrechnung vorgenommen werden konnte, betrachtet das Gericht die Betriebseinnahmen. Im Jahr 2020 lagen die Betriebseinnahmen selbst unter Berücksichtigung der Corona-Hilfen unterhalb des Niveaus der Vorjahre. Die Tatsache, dass der Gewinn höher als in den Vorjahren sei, belege im Ergebnis nur die überhöhte Bemessung der Corona-Hilfen. Dies führe aber nicht zu außerordentlichen Einkünften.

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Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim bei dreijähriger Renovierung?

Grundsätzlich ist das ererbte Familienheim von der Erbschaftsteuer befreit, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Wichtig ist, dass der Erbe innerhalb von sechs Monaten entscheidet, ob er einziehen will. Er muss entsprechende Renovierungsarbeiten durchführen und dann auch tatsächlich einziehen. Die Rechtsprechung wendet diesen Sechs-Monats-Zeitraum sehr rigide an und in vielen Fällen versagt die Steuerbefreiung.

Im Streitfall gewährt das Finanzgericht Münster im zweiten Rechtszug die Steuerbefreiung, obwohl die Kläger das Haus drei Jahre lang renoviert hatten. In ersten Rechtszug hatte es die Steuerbefreiung noch versagt. Die Kläger legten dagegen Revision ein – mit Erfolg. Der Bundesfinanzhof war der Ansicht, dass das Finanzgericht zu strenge Maßstäbe angelegt hat.  Deswegen verwies er die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Dieses Mal ging das Verfahren zugunsten der Kläger aus und zwar mit folgender Begründung: Im Oktober 2013 habe der Kläger die Doppelhaushälfte seines Vaters geerbt und sich kurze Zeit danach zur Selbstnutzung entschieden (die andere Doppelhaushälfte hatte er schon bewohnt). Mit Besichtigung durch den Bauunternehmer im Dezember 2013 sei der Entschluss nach außen dokumentiert worden. Bereits Anfang 2014 beauftragte der Kläger den Bauunternehmer.

Aufwendungen aus Januar 2014 für die Netzwerktechnik und die Hausanschlüsse bzw. aus April 2014 für die Heizungsanlage belegten, dass der Kläger bereits kurze Zeit nach der Erbschaft mit der Umsetzung seiner Absicht zur Selbstnutzung begonnen hatte. Ebenso der Durchbruch im Kellergeschoss mit einer Verbindungstür im Mai 2014 belegten seinen Entschluss, die Doppelhaushälften künftig als eine einheitliche Wohnung zu nutzen.

Die Gründe für die verzögerte Selbstnutzung (erst ab August 2016) hatte der Kläger hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Bauunternehmer konnte mit den Arbeiten witterungsbedingt und aufgrund der engen Auftragslage erst im April 2014 beginnen. Zum anderen war der Keller durchfeuchtet und musste erst trocknen, bevor weitergearbeitet werden konnte.

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