Aktuelles Steuerrecht – einfach erklärt. In unserem Blog teilen wir aktuelle Neuigkeiten und wichtige Entwicklungen aus der Rechtsprechung mit Ihnen. Ständig aktualisiertes Know-how ist die Basis für unsere Arbeit.

PV-Anlage: Vorsteuerabzug aus Reparatur des Hausdaches

PV-Anlagen sind steuerrechtlich sehr streitanfällig. Dies zeigt auch folgender Fall, in dem es um den Vorsteuerabzug aus einer Dachreparatur ging.

Der Kläger ließ 2009 eine PV-Anlage auf das Dach seines Wohnhauses installieren. Die PV-Anlage nutzte er für unternehmerische Zwecke. Er lieferte den erzeugten Strom umsatzsteuerpflichtig an einen Netzbetreiber, ordnete die PV-Anlage vollständig einem Unternehmen zu und nahm den vollen Vorsteuerabzug für die PV-Anlage in Anspruch.

In 2019 wurde festgestellt, dass die PV-Anlage unsachgemäß installiert worden war, so dass Feuchtigkeit durch das Dach in das Haus eindringen konnte. Der Kläger ließ den Schaden auf eigene Kosten reparieren. Aus der Reparaturrechnung machte er den vollen Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug. Begründung: Die künftige Nutzung des Daches erfolge zu über 90 % nichtunternehmerisch, da das Dach den privaten Wohnraum bedecke.

Vor dem Bundesfinanzhof hat der Kläger nun Recht bekommen (Urt. v. 7.12.2022 – XI R 16/21). Das Gericht stellt nicht nur auf die Verwendung der Eingangsleistung ab (Wohnhaus wird zu mehr als 90 % privat genutzt), sondern auch auf den Entstehungsgrund der Reparatur. Und der liege in der unsachgemäßen Montage der unternehmerisch genutzten PV-Anlage.

Hinweis: Im Streitfall hatte der Kläger über die durch die unsachgemäße Montage verursachte Reparatur hinaus keinen weiteren Vorteil. Der Vorsteuerabzug könnte anders zu beurteilen sein, wenn der Steuerpflichtige im Zuge der Reparatur auch andere Schäden beseitigen lässt und sich dadurch privat veranlasste Aufwendungen erspart.

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Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei unentgeltlicher Überlassung an die Mutter

Nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf liegt keine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ vor, wenn eine Eigentumswohnung an die Mutter überlassen wird. Damit ist der Gewinn aus der Veräußerung steuerpflichtig, wenn die Wohnung innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung verkauft wird.

Ein Ehepaar hatte 2009 eine Eigentumswohnung erworben und sie unentgeltlich der Mutter der Ehefrau überlassen. Die Mutter starb 2016. Ein Jahr später verkaufte das Ehepaar die Wohnung. Das Finanzamt besteuerte den Veräußerungsgewinn als privates Veräußerungsgeschäft. Das Ehepaar habe die Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so dass eine Veräußerung innerhalb von zehn Jahren steuerpflichtig sei.

Grundsätzlich gilt: Wird ein Haus, das ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, innerhalb der Zehn-Jahresfrist verkauft, bleibt der Veräußerungsgewinn steuerfrei. Wurde das Haus anderweitig genutzt, ist der Veräußerungsgewinn zu versteuern.

Das Gericht stellt in seinem Urteil v. 2.3.2023 – 14 K 1525/19 E,F nun klar, dass die Wohnnutzung durch die Mutter dem Ehepaar nicht zugerechnet werden kann. Eine Zurechnung kommt nach der Rechtsprechung in Betracht, wenn die Wohnung an unterhaltsberechtigte Kinder überlassen wird. Diesen Grundsatz überträgt das Finanzgericht nicht auf die Überlassung an andere unterhaltsberechtigte Angehörige (hier die Mutter). Insoweit hält es eine Differenzierung für gerechtfertigt: Bei Kindern sei typisierend eine Unterhaltspflicht anzunehmen, während bei anderen Angehörigen eine Einzelfallprüfung erforderlich sei, ob eine Unterhaltspflicht tatsächlich bestehe.

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Veräußerung eines Einfamilienhauses nach Scheidung kann steuerpflichtig sein

Der Veräußerungserlös aus dem Verkauf eines Hauses ist steuerfrei, wenn zwischen der Anschaffung und dem Verkauf mehr als zehn Jahre liegen. Ein Verkauf innerhalb von zehn Jahren ist nur dann steuerfrei, wenn das Haus ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Im Rahmen einer Scheidung kann es hier zu einem bösen Erwachen kommen, wie folgender Fall zeigt.

2008 kaufte Herr A zusammen mit seiner Ehefrau ein Einfamilienhaus, das sie zusammen mit dem gemeinsamen Sohn als Familienwohnung nutzten. Das Haus gehörte den Eheleuten jeweils zur Hälfte. 2015 zog Herr A aus, 2017 wurde die Ehe geschieden. Die geschiedene Ehefrau drohte mit einer Zwangsversteigerung, sollte Herr A ihr nicht seinen hälftigen Miteigentumsanteil verkaufen. Zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung willigte Herr A ein und veräußerte noch in 2017 seinen Miteigentumsanteil im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung. Dabei erzielt er unstreitig einen Veräußerungsgewinn.

Das Finanzamt sah in dem Veräußerungsvorgang ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft. Denn der Zeitraum zwischen Anschaffung des Miteigentumsanteils in 2008 und dem Verkauf an seine Ex-Frau in 2017 betrage weniger als zehn Jahre. Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt nun Recht (Urt. v. 14.2.2023 – IX R 11/21).

Der Begriff der „Veräußerung“ setze eine willentliche Entscheidung des Steuerpflichtigen voraus. Eine wirtschaftliche Zwangslage wie im Streitfall reiche nicht aus, um eine solche Willensentscheidung auszuschließen. Herr A wollte einen angemessenen Preis erzielen und habe bei Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung eine steuerliche Beratung eingeholt. Diese Vorgehensweise stelle eine wirtschaftliche Betätigung dar und damit eine willentliche Veräußerung.

Herr A hatte geltend gemacht, dass es auf die Zehn-Jahresfrist gar nicht ankommt. Denn das Haus sei ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden. Beim Tatbestandsmerkmal der „ausschließlichen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ stellen die obersten Richter entscheidend darauf ab, ob der Familienverbund (noch) rechtlich Bestand hat. Die Nutzung durch ein Kind im einkommensteuerlichen Sinne (hier durch den Sohn) sei zwar unschädlich. Schädlich sei aber die (Mit-)Nutzung durch die Kindesmutter, da diese nicht (mehr) die Ehefrau des Klägers gewesen sei.

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Entgelt für Zurverfügungstellung von Sicherheiten keine Kapitaleinkünfte, sondern sonstiges Entgelt

Im Streitfall gewährte Frau F einer GmbH, an der sie nicht beteiligt war und zu der sie auch sonst keine persönlichen Beziehungen unterhielt, für die Durchführung eines Bauvorhabens Sicherheiten. Dazu verpfändete sie ihr Bankguthaben iHv 200.000 Euro und stellte einen – bei Bedarf in Teilbeträgen abrufbaren – Girokredit iHv 250.000 Euro (sog. Betriebsmittelkredit) zur Verfügung. Für die Stellung der Sicherheiten erhielt sie von der GmbH ein Entgelt iHv 50.000 Euro. Diesen Betrag zahlte die GmbH nach Abschluss des Bauvorhabens und Freigabe des verpfändeten Betrags.

Die 50.000 Euro erklärte Frau F als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt behandelte das Entgelt als sonstige Einkünfte und unterwarf es dem Regelsteuersatz.

Das Finanzgericht Münster (Urt. v. 29.12.2021 – 8 K 592/20 E) hat dem Finanzamt Recht gegeben. Die Verpfändung des Guthabens führe nicht zu Kapitaleinkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Frau F habe der GmbH kein Kapital zur Verfügung gestellt und die GmbH habe auch nicht die Rückzahlung von Kapitalvermögen zugesagt. Frau F habe die 200.000 Euro weiterhin zur Erzielung von Zinsen nutzen können. Eine doppelte Nutzung einer Kapitalforderung zur Erzielung von Zinsen sei nicht möglich.

Auch die Bereitstellung des Betriebsmittelkredits führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu Kapitaleinkünften. Bei Bereitstellungszinsen werde weder die Rückzahlung von Kapital vereinbart noch ein Entgelt für die Überlassung des Kapitals zur Nutzung zugesagt oder geleistet. Hier werde das Kapitalvermögen erst mit Abruf des Kredits entgeltlich zur Nutzung überlassen.

Das Finanzgericht hatte die Revision nicht zugelassen. Deshalb legte Frau F Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof ein – mit Erfolg. Es bleibt abzuwarten, wie die obersten Richter in dem Fall entscheiden (Az. BFH: VIII R 7/23).

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Höhe der Säumniszuschläge verfassungswidrig?

Wird eine Steuer nicht bis zum Fälligkeitstag gezahlt, entstehen sog. Säumniszuschläge. Diese betragen für jeden angefangenen Monat der Säumnis 1 % des rückständigen Steuerbetrags. Angesichts der Verfassungswidrigkeit der Zinssatzhöhe bei den Nachzahlungszinsen (bis einschließlich 2018 noch 0,5 % pro Monat) wird aktuell diskutiert, ob auch die Zinssatzhöhe bei den Säumniszuschlägen gegen das Grundgesetz verstößt. Derzeit ist die Rechtslage noch ungeklärt, denn noch sind sich die einzelnen Senate des Bundesfinanzhofs darüber uneinig.

Der VII. BFH-Senat hatte noch in 2020 verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Diese hat er nun aber aufgegeben und mit Urteil vom 15.11.2022 – VII R 55/20 entschieden, dass die Säumniszuschläge nicht verfassungswidrig sind. Das Urteil betrifft die Jahre 2015 und 2016. Der Kläger kann gegen das Urteil noch Verfassungsbeschwerde einlegen.

Andere BFH-Senate vertreten derzeit eine andere Linie, zumindest für Veranlagungszeiträume ab 2019. In den jeweiligen Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung haben sowohl der III. als auch der IV. und VIII. BFH-Senat die Aussetzung wegen einer eventuellen Verfassungswidrigkeit gewährt. Ob diese Senate ihre Ansicht weiterhin vertreten, wird sich erst in den einzelnen Hauptsacheverfahren herausstellen.

Beim und X. und XI. BFH-Senat sind gegenwärtig weitere Verfahren zu dem Thema anhängig. Wann hier die Entscheidungen fallen, ist noch nicht absehbar.

Folgen für die Praxis: Ob es ratsam ist, gegen Säumniszuschläge Einspruch einzulegen, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfsverfahrens können aus unserer Sicht derzeit nicht abschließend geklärt werden. Die Einlegung eines Rechtmittels sollte unter Einbeziehung der (Kosten-)Risiken bzw. der Vor- und Nachteile im Einzelfall geprüft werden.

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Höhe der Aussetzungszinsen verfassungsgemäß

Ist die Höhe der Aussetzungszinsen verfassungsgemäß?

Möchte der Steuerpflichtige gegen einen Steuerbescheid vorgehen, muss er Einspruch einlegen. Hat das Finanzamt im Steuerbescheid Zahlungen festgesetzt und möchte der Steuerpflichtige diese bis zur Klärung der streitigen Punkte nicht zahlen, muss er die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Gewährt das Finanzamt die Aussetzung der Zahlung, muss der Steuerpflichtige bis zur Einspruchsentscheidung vorerst auch nicht zahlen.

Aber Vorsicht: Lehnt das Finanzamt den Einspruch ab und bekommt der Steuerpflichtige auch vor Gericht nicht Recht, dann muss er sog. Aussetzungszinsen zahlen. Diese betragen monatlich 0,5 % des ausgesetzten Betrags. Über einen längeren Zeitraum hinweg können dabei nicht unerhebliche Summen entstehen, die der Steuerpflichtige zusätzlich zur Steuer zahlen muss.

Zur Höhe der Nachzahlungszinsen, die ursprünglich ebenfalls 0,5 % monatlich betragen haben, hatte das Bundesverfassungsgericht im Juli 2021 entschieden, dass der Zinssatz angesichts der Niedrigzinsphase verfassungswidrig war. Daraufhin wurde der Zinssatz bei den Nachzahlungszinsen auf 0,15 % monatlich (1,8 % jährlich) gesenkt.

Das Finanzgericht Münster hat nun in zwei Entscheidungen klargestellt, dass der Zinssatz von monatlich 0,5 % bei den Aussetzungszinsen – anders als bei den Nachzahlungszinsen – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Denn bei den Aussetzungszinsen habe es der Steuerpflichtige in der Hand, ob er die Aussetzung beantrage, während die Höhe der Nachzahlungszinsen von der Schnelligkeit der Bearbeitung durch das Finanzamt und damit nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhänge. Die gleiche Ansicht vertreten übrigens auch die Finanzgerichte München und Düsseldorf. Der Bundesfinanzhof hat sich zu der Frage noch nicht geäußert.

Im Ergebnis deutet die Rechtsprechung darauf hin, dass es derzeit wohl wenig Sinn macht, gegen die Aussetzungszinsen im Wege eines Einspruchs oder sogar einer Klage vorzugehen.

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