Aktuelles Steuerrecht – einfach erklärt. In unserem Blog teilen wir aktuelle Neuigkeiten und wichtige Entwicklungen aus der Rechtsprechung mit Ihnen. Ständig aktualisiertes Know-how ist die Basis für unsere Arbeit.

Steuerermäßigung für den Statiker?

Nimmt der Steuerpflichtige eine sog. haushaltsnahe Dienstleistung in Anspruch, kann er seine Aufwendungen steuerlich geltend machen. Die Einkommensteuer vermindert sich dann um 20 % der Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 Euro. Das Gleiche gilt bei der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die er in seinem Haushalt durchführen lässt. Hier kann er ebenfalls 20 % seiner Aufwendungen steuerlich geltend machen, höchstens aber 1.200 Euro.

Welche Leistungen sind aber als haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. als Handwerkerleistungen zu beurteilen? Diese Frage beschäftigt die Gerichte schon seit vielen Jahren. Jetzt sind zwei neue Entscheidungen hinzugekommen.

Im ersten Fall ging es um Abgaben, die die Steuerpflichtige für die Rest- und Biomülltonne sowie für die Schmutzwasserentsorgung an die Gemeinde zahlen musste. Das Finanzgericht Münster hat hier entschieden, dass diese Abgaben steuerlich nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend gemacht werden können. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Steuerpflichtige Revision eingelegt hat. Hier bleibt abzuwarten, ob sich der Bundesfinanzhof der Auffassung des Finanzgerichts anschließt. Entsprechende Steuerbescheide sollten bis zu einer endgültigen Entscheidung offengehalten werden.

Im zweiten Fall hatte ein Ehepaar einen Handwerker mit dem Austausch schadhafter Dachstützen beauftragt. Nach Einschätzung des Dachdeckers war hierfür eine statische Berechnung durch einen Statiker erforderlich. Neben der unstreitigen Steuerermäßigung für die Dachdeckerleistungen beantragte das Ehepaar eine solche Steuerermäßigung auch für die Leistungen des Statikers. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist ein Statiker aber nicht handwerklich tätig. Damit scheidet die Steuerermäßigung hier endgültig aus.

Muss es ein Arbeitszimmer sein?

Ein häusliches Arbeitszimmer kann unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden. In der Praxis ist dieses Thema äußerst streitanfällig und führt immer wieder zu Rückfragen seitens des Finanzamts. Im Ergebnis wird der Werbungskostenabzug vom Finanzamt oft abgelehnt mit der Begründung, dass das Arbeitszimmer für die berufliche Tätigkeit nicht erforderlich ist.

Der Bundesfinanzhof hat jetzt zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass es unerheblich ist, ob das Arbeitszimmer für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 1 Buchst. 6b EStG regle abschließend, wann ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich zu berücksichtigen ist. Das Merkmal der Erforderlichkeit sei in dieser Vorschrift nicht zu finden, so die obersten Richter.

Damit widerspricht das Gericht der Auffassung der Finanzverwaltung, die das Merkmal der Erforderlichkeit in der Vergangenheit in die Vorschrift hineininterpretiert hat. Mit dem Urteil ist eine große Hürde für den steuerlichen Ansatz eines Arbeitszimmers weggefallen. Das bedeutet aber nicht, dass die Aufwendungen jetzt ohne Weiteres geltend gemacht werden können. So muss der Steuerpflichtige weiterhin nachweisen, dass er sein häusliches Arbeitszimmer ausschließlich beruflich nutzt. Eine Privatnutzung ist weiterhin grundsätzlich schädlich.

Das 9-Euro-Ticket und die Lohnsteuer

In den Monaten Juni bis August 2022 gibt es das sog. 9-Euro-Ticket. Das Ticket ist deutschlandweit im Nah- und Regionalverkehr gültig – also in U-Bahn, S-Bahn, Bus, Tram sowie in Regionalzügen.

Leistet der Arbeitgeber Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für den öffentlichen Personennahverkehr, stellt sich die Frage, wie das 9-Euro-Ticket lohnsteuerlich zu behandeln ist. Hierzu hat jetzt das Bundesfinanzministerium Stellung genommen:

Zuschüsse, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu deren Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, sind hinsichtlich der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG grundsätzlich auf die Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers beschränkt. Für die Monate Juni, Juli und August 2022 wird es hinsichtlich der Steuerbefreiung nicht beanstandet, wenn die Zuschüsse die Aufwendungen des Arbeitnehmers im Kalendermonat übersteigen. Das wird z.B. dann der Fall sein, wenn die Zuschüsse in der bisherigen Höhe weitergezahlt werden, der Arbeitnehmer aber nur monatliche Aufwendungen von 9 Euro hat.

Aber Achtung! Bezogen auf das gesamte Kalenderjahr 2022 dürfen die Zuschüsse insgesamt die Aufwendungen nicht übersteigen. Ergibt sich aufgrund dieser Jahresbetrachtung, dass insgesamt im Kalenderjahr 2022 Zuschüsse gezahlt wurden, die über den Aufwendungen liegen, ist der Differenzbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.

Die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Zuschüsse mindern die Entfernungspauschale, die der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung ansetzen kann. Der Arbeitgeber muss deshalb die gesamten steuerfreien Zuschüsse im Kalenderjahr bescheinigen.

Das entsprechende BMF-Schreiben vom 30.5.2022 finden Sie auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums.

Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine

In unserem Mandantenrundschreiben 2/2022 hatten wir Sie bereits auf die steuerlichen Erleichterungen im Zusammenhang mit der Unterstützung von Kriegsflüchtlingen hingewiesen. Das Bundesfinanzministerium hat jetzt auf weitere Punkte hingewiesen.

Das Engagement der deutschen Wohnungswirtschaft durch die Überlassung von möblierten Wohnungen, aber auch durch sonstige Unterstützungsleistungen, soll keine negativen Folgen auf dem Gebiet der Gewerbesteuer nach sich ziehen. Deshalb gilt Folgendes:

  • Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes unterliegen dem Grunde nach der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Ob die entgeltliche Überlassung von möbliertem Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine den Tatbestand der Gewerblichkeit erfüllt, wird aus Billigkeitsgründen für solche Einnahmen bis zum 31.12.2022 nicht geprüft.
  • Erträge aus sonstigen Unterstützungsleistungen (z.B. entgeltliche Zurverfügungstellung von Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln oder Kleidung) sind für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nur dann unschädlich, wenn die Erträge aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes resultieren und diese Einnahmen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes sind (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG).
  • Vermieten Grundstücksunternehmen Wohnraum z.B. an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (etwa an die Stadt München), die den angemieteten Wohnraum an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine überlässt, gelten diese aus Billigkeitsgründen im Jahr 2022 als (mittelbare) Mieter des Grundstücksunternehmens iSd § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. c GewStG.

Die gleichlautenden Ländererlasse vom 31.3.2022 finden Sie hier.

Hinsichtlich der Körperschaftsteuer gibt es ebenfalls eine Billigkeitsregelung. Bei Vermietungsgenossenschaften und -vereinen bleiben bis zum 31.12.2022 Einnahmen aus der Wohnraumüberlassung an Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die keine Mitglieder der Genossenschaft/des Vereins sind, bei der Berechnung der 10 %-Grenze iSd § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 2 KStG unberücksichtigt. Diese Einnahmen sind weder bei der Bestimmung der gesamten Einnahmen noch bei der Ermittlung der Einnahmen aus nicht in § 5 Abs. 1 Nr. 10 S. 1 KStG bezeichneten Tätigkeiten zu berücksichtigen. Das entsprechende BMF-Schreiben vom 31.3.2022 finden Sie hier.

Neuer Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen geplant

Der Gesetzgeber plant für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen einen monatlichen Zinssatz in Höhe von monatlich 0,15 % (jährlich 1,8 %). Der neue Zinssatz soll rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 gelten. Bisher galt ein Zinssatz in Höhe von monatlich 0,5 %; dieser war jedoch vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden.

Die geplanten Regelungen im Einzelnen:

  • Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 soll ein Zinssatz von monatlich 0,15 % (jährlich 1,8 %) eingeführt werden.
  • Für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 31.12.2018 soll es beim bisherigen Zinssatz von monatlich 0,5 % (jährlich 6 %) bleiben. Damit kann es bei Verzinsungszeiträumen, die sich über den 1.1.2019 hinaus erstrecken, zu unterschiedlichen Zinssätzen kommen.
  • Die Angemessenheit des Zinssatzes soll alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume überprüft werden. Eine solche Überprüfung ist erstmals zum 1.1.2026 geplant.

Das Gesetz muss noch das vorgeschriebene Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Dadurch kann es noch zu Änderungen und Anpassungen kommen.

Steuerentlastungsgesetz 2022

Angesichts der Preiserhöhungen insbesondere im Energiebereich sollen die Steuerzahler ab 2022 finanziell entlastet werden. Rückwirkend zum 1.1.2022 sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags bei der Einkommensteuer auf 1.200 Euro (derzeit: 1.000 Euro)
  • Anhebung des Grundfreibetrags um 363 Euro auf 10.347 Euro (derzeit: 9.984 Euro)
  • Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) auf 38 Cent für 2022 und 2023 (bisher war die Erhöhung erst für 2024 bis 2026 vorgesehen)

Das entsprechende Gesetz (sog. „Steuerentlastungsgesetz 2022“) wurde jetzt vorgelegt. Nun muss sich der Bundestag damit befassen. Bis zu einer endgültigen Beschlussfassung wird aber wohl noch einige Zeit vergehen.